“Crowdworking” oder auch “Crowdwork” wird sich im Zuge der digitalen Transformation voraussichtlich zu einer Hauptform der Arbeit 4.0. entwickeln. “Crowdworker”, “Clickworker”, “digital worker” oder “digitale Tagelöhner” arbeiten im Dreiecksverhältnis für das jeweilige global anfragende Unternehmen. Dieses gibt u.a. hochkomplexe Entwicklungsaufgaben auf eine unternehmensfremde Plattform, um diese – kostengünstig – vom scheinbar unerschöpflichen globalen digitalen intelligenten Schwarm beantworten zu lassen. Die beauftragte Plattform zerlegt diese Anfragen in sog. micro tasks oder jobs, stellt sie mit besonderen Vertragsbedingungen wie Abgabetermin, Honorar und ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ins Internet. Diese Rahmenbedingungen der jobs variieren u. a. beim Honorar – in weltweiter Vielfalt – von Plattform zu Plattform. So benötigt ein überwiegend in Indien tätiger Crowdworker z. B. deutlich weniger Gesamthonorar pro Monat zum Lebensunterhalt als etwa ein in Deutschland tätiger. Der einzelne Crowdworker entscheidet selbst, aber regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit was, inwieweit, wann und wo er für einen oder mehrere tasks, einer oder mehrerer Plattformen, eine ganze oder teilweise Lösung erarbeitet und an die Plattform zur Antwort mailt. Diese nimmt seine Lösung entgegen, fordert ihn ggfs. zu einer Nachbearbeitung auf und leitet diese an das jeweilige Unternehmen zur Verwertung weiter. Arbeitsrechtlich ist der Crowdworker als Selbständiger einzuordnen, so dass für ihn die Rechte eines Arbeitnehmers u. a. auf Entgelt- und Arbeitsschutz ausscheiden. Daran ändert auch der am 1.4.2017 in Kraft getretene neue § 611a BGB nichts. Auch Schutzvorschriften für sog. Soloselbständige, wie § 12a TVG oder das HAG, sind nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar. Zudem gilt der – nicht nur gelegentlich tätige – Crowdworker u.a. für die Inhaltskontrolle seines Dienst- oder Werkvertrags als Unternehmer, statt als besonders geschützter Verbraucher. Die arbeits- und sozialrechtliche Behandlung des “Crowdworkers” als wirtschaftlich abhängigem Selbstständigen wirft Fragen nach einem neuartigen Gesamtsozialversicherungskonzept für alle Soloselbständigen auf. Nach einer rechtstatsächlichen Darstellung des Crowdworkings, seiner Formen, seiner Chancen und Risiken, soll der Anpassungsbedarf rechtsbereichsintegriert – dialogisch – erörtert und diskutiert werden.
Am Dienstag, den 7. November 2017, 18:15 Uhr
Rechtshaus, Raum EG 18/19
Referentin: RORin Dr. jur. Annette Tapper
Plakat (PDF)