Dozenten:
Dr. Tobias Mast, Hans-Bredow-Institut
Dr. Julian Staben, Google Deutschland
Die Kommissionen Juncker und von der Leyen haben den “Digitalen Binnenmarkt” als neues Gestaltungsfeld für die fortschreitenden EU-Regulierung in den Blick genommen und in den letzten Jahren eine kaum überschaubare Anzahl an entsprechenden Rechtsakten in diesem Bereich erlassen. Diese Rechtsakte betreffen das Datenrecht (Data Act, Data Governance Act, perspektivisch ePrivacy-Verordnung), das Plattformrecht (P2B-Verordnung, TCO-Verordnung, Digital Services Act, Digital Markets Act), die Künstliche Intelligenz (KI-Verordnung) sowie einige diese Bereiche berührende Aspekte (European Media Freedom Act, Political Advertising-Verordnung). Aufbauend auf Erfahrungen der Datenschutz-Grundverordnung weisen diese Rechtsakte beträchtliche Ähnlichkeiten auf: Sie sind allesamt Verordnungen, widmen sich einem äußerst dynamischen, technologisch geprägten Regelungsbereich und versuchen ein unionsweit einheitliches Schutzniveau und wirtschaftliches Level-Playing-Field herzustellen.
Das Seminar widmet sich den Rechtsakten und ihrer Anwendungspraxis aus einer übergeordneten Perspektive und versucht so, konzeptionelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieses sich verdichtenden Bereichs des Europarechts herauszuarbeiten. Es richtet sich an Studierende des SPB VII (Information und Kommunikation) und SPB X (Europa- und Völkerrecht).
Als zu bearbeitende Themen kommen beispielsweise in Betracht:
I. Handlungsformen im Digitalbereich
- Gründe und Folgen der zunehmend gewählten Verordnung als Handlungsform des Digitalrechts
- Dynamik des Digitalbereichs und Tertiärrecht der Europäischen Kommission
- Transnationale Verwaltungsakte im europäischen Digitalrecht
- Soft Law im europäischen Digitalrecht
II. Akteure des Europäischen Digitalregulierungsrechts
- Mitgliedstaatliche Behörden als funktionale Unionsbehörden im Digitalbereich
- Europäische Gremien und Netzwerke im europäischen Digitalrecht
- Die Kommission als Knotenpunkt oder Regulierungsspitze im europäischen Digitalrecht?
- Die Einspeisung von Fachexpertise in den Prozess europäischer Digitalregulierung
III. Der Europäische Verwaltungsverbund im Digitalbereich
- Aufsichts-, Vollzugs- und Regulierungsverbünde im europäischen Digitalrecht
- Unionales Informationsmanagement im Digitalbereich
- Marktortprinzip und Herkunftslandprinzip im europäischen Digitalrecht
- Das Unabhängigkeitspostulat für mitgliedstaatliche Behörden im Digitalbereich
IV. Regulierte Selbstregulierung im Digitalbereich
- Systematisierung der Ansätze Regulierter Selbstregulierung im Digitalbereich
- Die Regulierung systemischer Risiken in DSA und KI-Verordnung
- Privatisierung der Rechtsdurchsetzung durch Melde- und Abhilfeverfahren?
- The Enemy Within? – Zur Pflicht im EU-Digitalrecht, unternehmensinterne Ombuds- und Schnittstellenfunktionen einzurichten
V. Grundrechtsschutz im europäischen Digitalregulierungsrecht
- Linien des daten- und kommunikationsbezogenen Grundrechtsschutzes in der Rechtsprechung des EuGH am Beispiel der Entscheidungen “Recht auf Vergessenwerden”, “Schrems I”, “Schrems II” und “Uploadfilter”
- Grundrechtsschutz durch Verfahren im Europäischen Digitalrecht
- Grundrechtsschutz bei mitgliedstaatlicher Verordnungsumsetzungsgesetzgebung nach den BVerfG-Judikaten Recht auf Vergessen I und II
- Die sekundärrechtliche Grundrechtsberücksichtigungspflicht von Unternehmen im Digitalbereich
Die Vorbesprechung findet am Dienstag, den 29. Oktober, 18:15 im Besprechungsraum, 3. OG des Hans-Bredow-Instituts (Rothenbaumchaussee 36, 20148 Hamburg) statt.
Die Teilnehmendenzahl ist auf 12 begrenzt. Die Teilnehmenden verfassen eine schriftliche Seminararbeit (40.000 – 50.000 Zeichen mit Leerzeichen und Fußnoten) und präsentieren diese im Rahmen einer Blockveranstaltung.
Für Studierende aus dem SPB VII ist die Abfassung einer Examenshausarbeit möglich. Für die Abfassung dieser gelten die üblichen Bestimmungen gem. § 36 PrüfungsO.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Tobias Mast (t.mast@leibniz-hbi.de).