Eigentum verpflichtet. Diese Formel, die bereits Teil der Weimarer Reichsverfassung war, gehört zu den wohlklingenden Vorgaben des Grundgesetzes, die sich tief in das Rechtsverständnis der Bevölkerung eingebrannt haben. Sie steht allerdings in einem Widerspruch zur täglich erfahrbaren gesellschaftlichen Rechtspraxis. Denn in dieser fungiert Eigentum im Wesentlichen als privates Herrschaftsrecht, mithin – in der Beschreibung des § 903 Satz 1 BGB – als Recht, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen. Eigentum wirkt also in unseren durch das Bürgerliche Recht strukturierten gesellschaftlichen Beziehungen zunächst als Schutz privater Willkür und Ausschluss all jener vom Zugriff auf den gesellschaftlich vorhandenen Reichtum, die nicht über Eigentum in relevantem Umfang verfügen.

Das Bundesverfassungsgericht schreibt dem Eigentum gleichwohl die Aufgabe zu, „einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern“ und eine „eigenverantwortliche Gestaltung“ des Lebens zu ermöglichen1 und legt es dafür – zumindest in Teilen – auch mit Blick auf seine soziale Funktion aus. Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Klimakrise, deren Bekämpfung tiefgreifende Umgestaltungen unseres Wirtschaftslebens wahrscheinlicher macht, stellt sich die Frage nach Gehalt, Grenzen und Garantie des Eigentums mit neuer Dringlichkeit. Auch der erfolgreiche Volksentscheid zur Vergesellschaftung der Bestände großer Wohnungsunternehmen in Berlin wirft bislang ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz auf.

Diese und verwandte Fragen rund um das Eigentum nach Art. 14 des Grundgesetzes sollen in dem Seminar näher diskutiert und in Seminararbeiten mit selbstgewählten Themen erörtert werden. Dafür wird zunächst in einer Blockveranstaltung ein zur Verfügung gestellter Reader mit maßgeblichen Abhandlungen und Entscheidungen zum Thema gemeinsam diskutiert werden. Verfassungsrechtliche, rechtsphilosophische und rechtssoziologische Ansätze sind gleichermaßen erwünscht.

Die Teilnahme am Seminar setzt zwingend die Bereitschaft zur Lektüre umfangreicher Texte und die
Freude an einer intensiven Diskussion dieser Texte voraus.
Alle Studierenden, auch Angehörige anderer Fakultäten, sind herzlich willkommen!

Für Studierende der Rechtswissenschaft besteht die Möglichkeit zum Erwerb eines Seminarscheins. Voraussetzung hierfür ist das Verfassen einer schriftlichen Seminararbeit sowie die mündliche Präsentation der Ergebnisse. Eine Teilnahme ohne Erwerb des Seminarscheins, lediglich zur Diskussion der Texte, ist möglich.

Anmeldungen bitte per Mail an: soeren.deister@uni-hamburg.de

Die Plätze sind begrenzt und werden nach der zeitlichen Reihenfolge der Anmeldung vergeben.

Ablauf des Seminars
6.11.2023 – Vorbesprechung via Zoom und Versendung des Readers
10.1.2024 und 11.1.2024 – Diskussion der Texte des Readers im Blockseminar; Wahl eines Themas für die Seminararbeit
14.2.2024 – Präsentation der Ergebnisse und Abgabe der Arbeit

Zum Infotext (PDF)