Eine jahrzehntelang kaum beachtete Verfassungsvorschrift ist gegenwärtig in aller Munde. Art. 15 des Grundgesetzes ermöglicht es, Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft zu überführen.
Spätestens seitdem eine Mehrheit von 59,1 Prozent im Berliner Volksentscheid für eine Vergesellschaftung großer Immobilienunternehmen votierte, wird auch in der Rechtswissenschaft wieder vermehrt über die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen der Vergesellschaftung gestritten. Dabei lohnt es sich, einen vertieften Blick auf die reichhaltige Diskussion, die im ersten Jahrzehnt nach Inkrafttreten des Grundgesetzes über Art. 15 GG und das Sozialstaatsprinzip geführt worden ist, zu werfen. Anhand dieser Diskussion wird schnell deutlich, dass es um nicht weniger als den wirtschaftlichen Kern unserer Verfassung geht. So sahen selbst Staatsrechtslehrer, die keinerlei Sympathien für sozialistische Parteien hegten, zu Beginn der Bundesrepublik in Art. 15 GG die verfassungsrechtlich verbürgte Möglichkeit, die kapitalistische Ordnung „ohne einen Bruch der legalen Kontinuität“ abzulösen.
Im Rahmen des Seminars soll der Versuch unternommen werden, die wesentlichen Abhandlungen – insbesondere aus der Frühphase der Bundesrepublik aber auch jüngeren Datums – gemeinsam Schritt für Schritt zu diskutieren und sodann zu einer selbst entwickelten Fragestellung eine Seminararbeit zu verfassen.
Die Teilnahme am Seminar setzt daher zwingend die Bereitschaft zur Lektüre umfangreicher Texte
und die Freude an einer intensiven Diskussion dieser Texte voraus.
Ablauf des Seminars
Am 24. und 25.7.2023 werden wir zunächst gemeinsam ganztätig die wesentlichen Texte zum Thema besprechen und diskutieren. Sodann entwickeln alle Teilnehmer:innen auf Basis der Diskussion die konkrete Fragestellung ihrer Seminararbeit. Die Seminararbeit kann bis zum 11.9.2023 verfasst werden. An diesem Tag werden auch die Ergebnisse der Arbeiten in kurzen Vorträgen vorgestellt.
Studierende anderer Fakultäten sind herzlich willkommen. Ob die Möglichkeit besteht, sich das Seminar als Leistung anerkennen zu lassen, richtet sich nach den Studien- und Prüfungsordnungen des jeweiligen Studiengangs und muss mit den dort Verantwortlichen geklärt werden.
Für Studierende der Rechtswissenschaft besteht die Möglichkeit zum Erwerb eines Seminarscheins. Voraussetzung hierfür ist das Verfassen einer schriftlichen Seminararbeit sowie die mündliche Präsentation der Ergebnisse. Eine Teilnahme ohne Erwerb des Seminarscheins, lediglich zur Diskussion der Texte, ist ausdrücklich erwünscht.
Anmeldungen bitte per Mail an soeren.deister@uni-hamburg.de
Die Plätze sind begrenzt und werden nach der zeitlichen Reihenfolge der Anmeldung vergeben.
Eine Vorbesprechung wird am 7.6.2023 um 14:00 Uhr via Zoom stattfinden.
Vollständige Einladung (PDF)