Der Begriff „Integration“ ist in aller Munde, nicht erst seit den Fluchtereignissen im Sommer 2015. Integration ist – ebenso wie Migration – ein „soziales Phänomen“, das die Menschheitsgeschichte seit Jahrtausenden prägt. Damit verbunden sind existenzielle Fragen nach Zugehörigkeit und Teilhabe zugewanderter Menschen in unserer Einwanderungsgesellschaft. So geht es um nichts Geringeres als die Gelingensbedingungen eines gedeihlichen gesellschaftlichen Zusammenlebens und den stetigen Aushandlungsprozess darüber. Auch die Rechtswissenschaft muss sich, will sie dem Anspruch eines sozialgestaltenden Rechts entsprechen, mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Integration zugewanderter Menschen befassen. Wenngleich sich die Integration eines umfassenden rechtlichen Zugriffs entzieht, existieren doch zahlreiche rechtliche Regelungen, die unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Integration, verstanden als chancengleiche Teilhabe zugewanderter Menschen an zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, haben. Die Rechtswissenschaft ist dazu aufgerufen, diese Regelungen zu sichten, zu systematisieren sowie Widersprüchlichkeiten und Schwächen zu erkennen, um Reformen einleiten zu können. Darum soll es im Seminar gehen.
Im Ausgangspunkt ist zunächst (kritisch) zu beleuchten, was mit Integration „überhaupt“ gemeint ist und wen es zu integrieren gilt. Diese Fragen sind unter Berücksichtigung soziologischer Erkenntnisse zu diskutieren. Dabei wird auch auf Kritik am Integrationstopos eingegangen. Es erfolgt anschließend eine verfassungsrechtliche Untersuchung der Möglichkeiten und Grenzen der Integration durch Recht. Sodann werden im Öffentlichen Recht, insbesondere im Verwaltungsrecht, und im Zivilrecht Konzepte und Regelungstechniken des „integrativen Rechts“ untersucht. Anschauungsmaterial liefern insbesondere das Aufenthaltsrecht, die Integrationsgesetze der Länder, das Schulrecht und das AGG.
Da es sich beim „integrativen Recht“ in vielerlei Hinsicht um juristisches Neuland handelt, steht im Seminar der Diskurs und das gemeinsame Ringen um Lösungsansätze im Vordergrund.
Mögliche Themen, die im Rahmen einer Seminararbeit bearbeitet werden können sind:
- Gibt es einen verfassungsrechtlichen Integrationsauftrag?
- Inwiefern ist der Staat verpflichtet, auf die Integration zugewanderter Menschen hinzuwirken?
- „Integratives Recht“ und Minderheitenschutz
- Welche Konzepte des „integrativen Rechts“ lassen sich in den einzelnen Teilrechtsordnungen identifizieren?
- Bedeutung des AGG als Ausdruck des „integrativen Rechts“
- Bewertung des Konzepts des „Förderns und Forderns“ im Aufenthaltsgesetz
Zielgruppe:
Das Seminar richtet sich an alle Interesent:innen, insbesondere an Studierende des Schwerpunktbereichs Sozialrecht, aber auch an alle Studierenden, wissenschaftliche Mitarbeitenden und Doktorand:innen, die an rechtssoziologischen Fragestellungen und den neuartigen Möglichkeiten durch Digitalisierung im Bereich der Rechtswahrnehmung interessiert sind.
Nach Absprache können auch Examensarbeiten im SPB angefertigt werden.
Leistungen und Ablauf:
Um einen Seminarschein zu erwerben, sind gemäß der Promotionsordnung folgende Leistungen zu erbringen:
- Aktive Teilnahme an den Seminardiskussionen
- Mündliches Referat
- Anfertigung einer Seminararbeit (50.000 Zeichen)
Die Veranstaltung findet in Präsenz statt. Von den Teilnehmenden wird die Präsenz an allen Terminen erwartet. Vor Veranstaltungsbeginn erhalten alle Teilnehmenden vorbereitende Materialien, die vor dem ersten Termin zu bearbeiten sind.
Zum Auftakt am 26./27. Oktober 2023 (jeweils 10-13 Uhr) erfolgt eine Einführung in den Themenkomplex. Anschließend werden die Themen vergeben. Im Rahmen einer Blockveranstaltung Ende Februar findet die Präsentation der Seminararbeiten statt. Die Studierenden sind eingeladen, jederzeit individuelles Feedback einzuholen.
Anmeldung:
Bei Interesse an der Veranstaltung melden Sie sich bitte unter Angabe von Namen, Matrikelnummer und Fachsemester per E-Mail an gabriele.buchholtz@uni-hamburg.de an.
Vollständige Ankündigung (PDF)