Vom 7.-8.März fand in Wiesbaden die 5. Jahrestagung des MOTRA-Forschungsverbundes (MOTRA-K #24) mit über 250 Teilnehmer:innen aus Wissenschaft, Praxis und Politik statt. Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung wurden von Dr. Beatrix Austin von der Berghof-Foundation (Berlin) gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Wetzels vom Institut für Kriminologie der Fakultät für Rechtswissenschaft an der UHH, Prof. Dr. Diana Rieger vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München, Prof. Dr. Swen Hutter vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), sowie Dr. Thomas Richter vom German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg, die zentralen Befunde des MOTRA-Forschungsverbundes zur Entwicklung des Radikalisierungsgeschehens in Deutschland seit 2021 vorgestellt.

Mit dabei waren u. a. auch Prof. Peter Neumann (Sicherheitsexperte und Gründer des International Centre for the Study of Radicalisation am King’s College London), Prof. Nicole Deitelhoff (Leiterin des Peace Research Institute Frankfurt – Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung), Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Prof. Alex Schmid (Direktor der Terrorism Research Initiative), Prof. Erich Marks (CEO des Deutschen Präventionstags) und Holger Münch (Präsident des Bundeskriminalamtes).

Im Mittelpunkt standen die in den verschiedenen Teilmodulen dieses Forschungsverbundes auf den Ebenen Diskurs, Einstellung und Verhalten aufeinander abgestimmt ermittelten empirischen Erkenntnisse. Fokussiert wurden sowohl phänomenübergreifende als auch ideologiespezifische Entwicklungen im Bereich des politischen Extremismus sowie der Intoleranz und Gewalt gegenüber Minderheiten und Fremdgruppen. Neben Antisemitismus wurden insoweit Muslimfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit sowie Ausgrenzung und Ablehnung geflüchteter Menschen in den Blick genommen.

Die vorgestellten Erkenntnisse beruhen auf einer Vielzahl von Erhebungen mit unterschiedlichen Methoden. Dazu gehören längsschnittliche Analysen der diesbezüglichen Diskurse in den sozialen Medien im Internet, mehrfach wiederholte repräsentative Einstellungsbefragungen, Statistiken zur registrierten politisch motivierten Kriminalität sowie Untersuchungen der Themen, des Umfangs und der langfristigen Entwicklungen des politischen Protestgeschehens in Deutschland. Weitere begleitende Studien des MOTRA- Forschungsverbundes auf der Grundlage von Experteninterviews, Experimenten und Delphistudien stützen diese Erkenntnisse zusätzlich.

In daran anschließenden insgesamt 27 thematisch enger fokussierten Panels wurden  diese Trends und Erkenntnisse themenspezifisch vertieft. Neben den Präsentationen der Details von Ergebnissen der innerhalb von MOTRA angesiedelten Teilprojekte wurden auch von zahlreichen weiteren Forschungsvorhaben neue Erkenntnisse vorgestellt, die in den thematischen Kontext des bundesweiten Monitorings durch MOTRA eingeordnet werden können. Gemeinsam mit Vertretern aus Praxis und Politik wurden diese Befunde kritisch diskutiert und hinsichtlich ihrer Implikationen für Politik und Praxis eingeordnet.

Große Beachtung fand eine Podiumsdiskussion zu den gesellschaftlichen und politischen Implikationen der empirisch erkennbaren Entwicklungen. Diese wurde eingeleitet durch einen Impulsvortrag von Prof. Dr. Peter Neumann vom King’s College in London, der in prägnanter Form weltweite neue Trends im Bereich des islamistischen Dschihadismus und deren Ausstrahlungswirkungen auf Europa und Deutschland in den Blick rückte. An der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Frau Prof. Dr. Ursula Birsl und Dr. Uwe Kemmesies moderiert wurde, nahmen als renommierte Wissenschaftler:innen neben Prof. Dr. Peter Neumann weiter Frau Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Prof. Dr. Diana Rieger und Prof. Dr. Gerhard Trabert teil.

Die Diskutanten verdeutlichten nachdrücklich die verschiedenen Effekte, welche die aktuellen Kumulationen von Krisenerscheinungen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Richtung auf ein nachlassendes Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen und eine Erosion der Bindungen an demokratische Strukturen und Entscheidungsprozesse mit sich bringen. Besonders hervorgehoben wurde, dass die Auswirkungen dieser Entwicklungen und Belastungen nicht sozial gleich verteilt sind, sondern vor allem jene Menschen besonders hart treffen, die soziökonomisch benachteiligt bzw. von sozialen Vorurteilen an den Rand gedrängt werden. Diese gilt es im Rahmen von Unterstützung wie auch gezielter Prävention zu erreichen. Hervorgehoben wurde auch die Notwendigkeit einer weiteren Fortsetzung der  kontinuierlichen sorgfältigen Beobachtung und Analyse in diesem für unsere Gesellschaft zentralen Feld, um neuere Entwicklungen und Veränderung zu erkennen und geeignete Instrumente der Gegensteuerung entwerfen und in der Praxis umsetzen und dort auch evaluieren zu können.

Die Präsentation der zentralen integrierten Ergebnisse des MOTRA-Forschungsverbundes kann hier heruntergeladen werden.

 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Die 5. Jahrestagung des MOTRA-Forschungsverbundes

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch.