Am DONNERSTAG, 11. Januar 2024

Beginn: 18:15 Uhr im EG 18/19

Rechtshaus

Rothenbaumchaussee 33

 

Die Existenz von Armut in einem Sozialstaat gilt weithin als Beleg seines Versagens. Die dominanten Konzepte, Armut zu messen, sind jedoch nicht geeignet, Fortschritte oder Rückschläge bei der Bekämpfung von Armut verlässlich zu bewerten. Dies gilt zum einen für die von der Europäischen Union durchgesetzte „Armutsrisikoquote“ zur Bestimmung des Ausmaßes relativer Einkommensarmut. Sie ist eine statistische Konvention, wird aber in der politischen Diskussion als sozialpolitische Norm fehlinterpretiert. Gemessen an dieser Norm aber scheitert jede Politik zur Armutsbekämpfung. Wird dagegen die Zahl der Grundsicherungsbezieher als Armutsindikator genutzt, so wird der Umfang eines sozialen Problems anhand der Hilfen gemessen, die der Sozialstaat zu seiner Linderung oder Überwindung bereitstellt. Je mehr der Sozialstaat leistet, desto größer scheint das Problem zu sein, das es zu bekämpfen gilt. Die konzeptionellen und kommunikativen Fallstricke erschweren die Verständigung über eine wirksame Politik der Armutsbekämpfung. Das zeigt sich beispielsweise in der Auseinandersetzung zur Kindergrundsicherung und zur Neugestaltung der Transferentzugsraten im SGB II.

Prof. Dr. Georg Cremer war von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes. Er lehrt als außerplanmäßiger Professor für Volkswirtschaftslehre an Universität Freiburg.

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